Apropos… Austausch auf Augenhöhe

Austausch auf Augenhöhe wird derzeit in vielen Bereichen, besonders auch in der internationalen Zusammenarbeit, diskutiert und angestrebt. ANSA Mitglied Martina Osterndorff hat sich dazu Gedanken gemacht, welche sie im folgenden Beitrag für uns zusammenfasst.


Im Bereich internationale und interkulturelle Zusammenarbeit ist mir in der letzten Zeit ganz verstärkt der Begriff „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ begegnet. Darunter verstehe ich, dass alle beteiligten Akteure selbstbestimmt handeln und gleichberechtigt Entscheidungen treffen. Ich denke, dass Zusammenarbeit auf Augenhöhe auch in Netzwerkstrukturen wie ANSA e.V. einen hohen Stellenwert hat und haben sollte.

Ungleiches Machtverhältnis

Der Begriff ist in einem ungleichen Machtverhältnis entstanden, in dem weniger mächtige Organisationen mächtigeren Akteuren gegenüberstehen. Austausch auf Augenhöhe will dieses Ungleichgewicht beheben: Migrantische Organisationen in Deutschland fordern Anerkennung durch die öffentliche Verwaltung, lokale Partner im globalen Süden wollen sich gegenüber großen internationalen Partnern behaupten usw. Insbesondere deutsche und europäische Strukturen und Organisationen haben in den vergangenen Jahrzehnten (und Jahrhunderten) aufgrund ihrer deutsch- und eurozentristischen Blickweise das Potential ihrer internationalen Partner nicht erkannt.

Partizipation

In der Zusammenarbeit über Länder- und/oder Kulturgrenzen hinweg stellen Akteure schon lange wiederholt Forderungen:

  • Wir wollen als gleichberechtigte Akteure angenommen werden.
  • Unsere Expertise und Erfahrungen sollen sichtbar gemacht werden.
  • Wir wollen partizipieren.

Durch das Engagement und die Lobbyarbeit dieser Akteure ist dieses Bedürfnis sichtbarer geworden und das Konzept der Partizipation nimmt zunehmend einen Stellenwert in der internationalen und interkulturellen Zusammenarbeit an. Dennoch muss noch viel getan werden, um die gleichberechtigte Partizipation von verschiedenen Partnern an einem Prozess zu sichern.

Eine Herausforderung auch für ANSA

Ich denke, dass ANSA als eine Struktur, die über Kulturen und Ländergrenzen hinweg funktioniert, das Potential hat, den Austausch auf Augenhöhe intern zu fördern. Wie dieser Austausch gestaltet werden kann, hängt dabei vom Bedarf und den Erwartungen der Mitglieder ab. Ich sprach meine Idee „ANSA als Plattform des Austausches auf Augenhöhe“ während der ANSA Insights AG auf einer ANSA-Mitgliederversammlung an. Wir kamen schnell auf eine konkrete Herausforderung zu sprechen: Wie können wir diese gleichberechtigte Partizipation aller im Verein erreichen, obwohl wir doch so verschieden sind?

Verschieden in erster Linie in den Bedürfnissen an den Verein und das Vor-Ort-sein in Deutschland. Die deutschen Mitglieder sind häufig langjährige Mitglieder, Alumni des DAAD und verstehen den Verein als eine langfristige Möglichkeit des internationalen wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Austausches. Daraus ergibt sich oft natürlich, dass deutsche und dauerhaft in Deutschland lebende Vereinsmitglieder den Verein verwalten und eine Mehrheit des Vorstandes stellen. Die ausländischen Mitglieder sind zumeist aktuelle StipendiatInnen des DAAD, die noch nicht so lange Mitglied im Verein sind. Für sie ist die Mitgliedschaft im Verein wertvoll während ihres Deutschlandaufenthalts, aber selten darüber hinaus. Das ist der Realität geschuldet, dass eine aktive Teilnahme am Vereinsleben nicht bzw. nur eingeschränkt aus dem Ausland möglich ist. Die Anreise nach Deutschland für Netzwerktreffen ist zu aufwendig und teuer.

Es ist möglich!

Dennoch möchte ich dafür plädieren, dass ein Austausch auf Augenhöhe möglich ist. Das bedeutet für mich in erster Linie, die Wünsche und Erwartungen eines/r jeden an den Verein wertzuschätzen und gleichwertig zu berücksichtigen. Diese faire Repräsentation aller Vereinsmitglieder ist meiner Ansicht nach vor dem Hintergrund möglich, dass dauerhaft in Deutschland lebende und nicht dauerhaft in Deutschland lebende Mitglieder andere Rollen im Verein wahrnehmen. Die Frage „Funktioniert der Austausch auf Augenhöhe in unserem Netzwerk und wie könnte man ihn weiter fördern?“ wäre für mich eine spannende Diskussion der Mitglieder untereinander, um den Wert des Vereines für seine Mitglieder noch zu steigern.


Martina Osterndorff ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Während ihres Magisterstudiums hat sie mehrere Monate in Madagaskar, Südafrika und Botswana verbracht. Aktuell lebt sie in Brandenburg an der Havel und arbeitet in Berlin. Sie ist seit 2016 ANSA Mitglied.