First Prize Cosmopolitanism?

Teilnehmer-Beitrag zur ANSA-Konferenz 2017 von Ann-Christin Hayk zu chinesischen Spielautomaten in der Peripherie Ghanas

Im November 2016 postete ein Freund aus Axim/Ghana bei Facebook Bilder automatisierter Spielautomaten in einigen ländlichen Dörfern des Nzema Distrikts und kritisierte die chinesischen Eigentümer der Automaten. Als Geographin dachte ich sofort: Das Phänomen hat unzählige Perspektiven und jede einzelne ist eine wissenschaftliche Betrachtung wert. Im Gespräch mit anderen Sozialwissenschaftlern und mit dem ghanaischen Freund vor Ort erwies sich eine bestimmte Frage als hervorragende Möglichkeit, die wissenschaftliche Debatte um den Blickwinkel des globalen Südens zu erweitern. Nämlich die nach dem Einfluss, den diese Spielautomaten auf das Selbstverständnis der Dorfbewohner in Zeiten der Globalisierung, welche die Automaten erst zu ihnen brachte, haben.

Nutzen & Risiko

So machten wir uns im Frühjahr 2017 auf abenteuerliche Wege in die abgelegenen ghanaischen Dörfer, um Antworten auf unsere Frage zu finden. Zahlreiche Bewohner der Nzema Dörfer aus unterschiedlichsten Alterskohorten und mit verschiedensten sozioökonomischen Hintergründen begrüßten uns herzlich und waren bereit, alle unsere Fragen offen zu beantworten. Die Ergebnisse der explorativen Erhebungen zeigen, dass insbesondere die jüngeren Dorfbewohner, welche die Spielautomaten regelmäßig nutzen, einen tieferen Nutzen im Glücksspiel an den Automaten sehen. Sie fühlen sich verbunden mit den chinesischen Eigentümern, die ihnen die Möglichkeit eröffnen, fremde kulturelle Praktiken zu erleben und ebenso mit anderen Spielern, die zur gleichen Zeit das gleiche Spiel nur an einem anderen Ort spielen. So nähern sie sich einem alltäglichen Kosmopolitismus an und die Grenzen zwischen Stadt und Land und globalem Süden und globalem Norden verschwimmen. Dennoch ist die Kritik insbesondere unter den älteren Dorfbewohnern groß, denn Glücksspiel bleibt Glücksspiel und birgt viele sozioökonomische Risiken.

Die Reaktionen auf meine Präsentation bei der ANSA Konferenz 2017 in Hamburg haben mir gezeigt, dass ich mit meiner Feldstudie zu einer kritischen Reflexion von Globalisierungsprozessen, die die Verbreitung kultureller Praktiken mit sich bringen, anregen konnte. In Zeiten, in denen Globalisierung häufig als etwas Alltägliches hingenommen und unreflektiert akzeptiert wird, so wie auch die Spielautomaten in den Nzema Dörfern, ist eine solche kritische Auseinandersetzung damit sehr wichtig – im globalen Süden ebenso wie im globalen Norden.


Portrait_Ann-Christin_HaykAnn-Christin wurde in Deutschland geboren und ist dort aufgewachsen. Sie hat u.a. Geographien der Globalisierung in Frankfurt am Main studiert und in Ghana und Finnland gearbeitet und lebt aktuell in Trier. Sie arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Trier und beschäftigt sich in ihrer Dissertation mit Governance- und Aushandlungsmechanismen im Kontext von CSR Initiativen internationaler Ölkonzerne in Ghana. Sie ist seit 2017 ANSA-Mitglied.